Aufwärts geht´s!
Wie kann eine Stadt schnell und wirtschaftlich ihren Wohnraum verdoppeln? Das Zauberwort heißt Dachaufstockung – mit einem Mansarddach. So geschehen in Gießen, wo die Dachdeckerei Naser Demaj und der Holzbauspezialist SCHNOOR Hand in Hand ein Vollgeschoss nebst Walmdachkonstruktion in Nagelplattenbinderbauweise realisierten.
Ursprünglich war das Mansarddach auf zahlreichen Prunkbauten des herrschaftlichen Paris zu Hause und beherbergte dort ab dem 17. Jahrhundert oft die Dienstboten. Die spezielle Dachform mit ihren unten abgeknickten Dachflächen ist architektonisch eine Kombination aus Dach und Geschoss. Über dem Knick ist eine geneigte Dachfläche ausgebildet. Unter dem Knick werden die Sparren steil nach oben gebaut und bilden dabei einen Dachraum aus.
Heute wird das clevere Baukonzept in den Städten wiederentdeckt. Denn wo der Baugrund knapp und das Umfeld stark verdichtet ist, bleibt fürs Bauen häufig nur eine Richtung: Nach oben.
Viel Gestaltungsfreiheit dank Nagelplattenbindern
Dachdecker Naser Demaj hat es in Gießen gerade zum zweiten Mal getan – und ein neues Mansarddach komplett aus Nagelplattenbindern errichtet. „Dass auch die Geschosswände mit Nagelplattenbindern abgepresst sind, ist eher selten“, erzählt Demaj. Er weiß: „So ein Tragwerk aus Nagelpattenbindern schafft im Innenraum mehr Gestaltungsfreiheit.“ Mit seinem sechsköpfigen Team hat der Dachdeckerei-Chef zunächst das alte Bestandsdach zurückgebaut. Kein leichtes Unterfangen im stark umbauten Umfeld der mittelhessischen Stadt und einem damit sehr beengten Baustellenbereich.
Dank Nagelplattenbinderbauweise ist hier nun auf der Grundfläche von 15,50 m x 12,50 m ein offener Raum ohne zusätzliche Stützen entstanden. Die neue Wohnfläche umfasst rund 170 Quadratmeter. Der Bauherrin stehen damit völlig flexible und individuelle Möglichkeiten zur Raumnutzung zur Verfügung. Zwischenwände lassen sich nach Wunsch setzen, denn sie haben keine tragende Funktion. „Man kann das einfach aufteilen, wie man will“, sagt Demaj. Bodentiefe Fenster auf allen Seiten machen aus dem Mansarddach einen riesigen lichtdurchfluteten Raum.
Ein elegantes Walmdach
Bekrönt wird das Ganze durch ein flach gehaltenes Walmdach mit abgepressten Fachwerkbindern, das sich von der Traufe bis zum Knickpunkt in flachen 18 Grad erstreckt. Eine komplexe Konstruktion mit vier ausgebildeten Dachflächen. „Das sind ganz andere Anforderungen als bei einem Satteldach“, weiß Demaj. „Die Kunst ist, dass sich am Ende ein harmonischer Gesamteindruck ergibt“, so der Dachdecker. Inzwischen ziert das elegante Dach auch eine Dacheindeckung mit roten und gefleckten Biberschwänzen.
Das Mansarddach hat die Wohnfläche verdoppelt
Schnoor-Ingenieur Bernd Illig hat das Gießener Mansarddach aus einem Guss konstruiert. „Es ging darum, richtig viel Wohnraum zu schaffen“, erinnert sich Illig. „Wir haben mit einer umlaufenden Holzkonstruktion erstmal nach oben 2,70 Raumhöhe geschaffen“. Abgepresste Mansardsparren mit einer Neigung von 75 Grad bilden diese Wandkonstruktion aus. Sie wird auf einer Länge von 11 Metern durch spezielle Gitterträger, also liegende Verbände stabilisiert. „Wir konnten die gesamte Wohnfläche im Haus mit der Mansarddachkonstruktion nahezu verdoppeln“, freut sich der Schnoor-Konstrukteur.
Optimaler Anschluss an den Bestandsbau
Er weiß: „Bauen im Bestand ist immer spannend, man muss sehr genau hingucken“. Der Konstrukteur ist jedenfalls mit viel Herzblut dabei: „Ich versuche immer, tief in ein Projekt einzusteigen“. Gut so, denn nicht selten halten Bestandsbauten Überraschungen bereit. So auch hier in der Universitätsstadt an der Lahn. Doch für das zurückspringende Mauerwerk an einer Längswand fand der SCHNOOR-Experte schnell eine Lösung. Die über 7 Meter freitragenden Wandelemente wurden kräftig verstärkt. Von oben spreizen sich Hölzer und Streben hier mit kräftigen Querschnitten „wie ein Bock auf die Wand.“
Robustes Tragewerk – wirtschaftliche Lösung
Durch die Konstruktion der senkrechten Geschosswände mit abgepressten Nagelplattenbindern ist eine besonders leichte Holzkonstruktion entstanden. Sie ist genau abgestimmt auf die Statik des vorhandenen Baukörpers und belastet ihn optimal, eben nur so viel wie nötig. Für Illig steht deshalb fest: „Mit einer robusten Tragwerkskonstruktion aus Nagelplattenbindern lässt sich Wohnraum sicher und preiswert aufstocken.“ Gefertigt wurde die Mansaddach-Konstruktion in Burg. Die Produktion im modernen Maschinenparkt ist heute stark automatisiert. Hier entstehen im Minutentakt komplette Gebinde. Der hohe Vorfertigungsgrad kommt dann den Partnern auf der Baustelle zugute – so auch dem Dachdeckermeister aus dem 40 km entfernten Schotten.
Hohe Vorfertigung – schnelle Montage
Demaj lobt die einfache Montage der Mansarddachkonstruktion. SCHNOOR habe alles sehr gut vorbereitet – von der Planung bis hin zu den Montageplänen mit allen Maßen und nummerierten Bindern. „Normalerweise muss ich mir das selber alles raussuchen“, erzählt er. So allerdings ließ sich das Mansarddach für den Dachdecker und sein sechsköpfiges Zimmerer-Team viel schneller montieren. Sein Resümee: „Es hat mal wieder alles zu 100% gepasst.“
Starke Partner – Hand in Hand
Schon seit zehn Jahren arbeitet Demaj mit SCHNOOR als starkem Partner zusammen. Alles läuft Hand in Hand. Die Abstimmungswege sind kurz. Das Mansarddach in Gießen gefällt Demaj heute besonders gut. „Da haben wir ein schönes Ding draus gemacht“, sagt er. Und auch SCHNOOR-Experte Illig weiß, dass hier etwas Besonderes entstanden ist. „Eine fetzige Konstruktion“, so formuliert er es salopp, „die mir viel Freude gemacht hat.“