Gut bemessen: SCHNOOR testet Software von MiTek
Die neue Bemessungssoftware für Nagelplattenbinderkonstruktionen PAMIR von Weltmarktführer MiTek, die 2018 auf den deutschen Markt kam, formte Dachbauspezialist SCHNOOR als Early Adopter mit.
SCHNOOR testet die Software PAMIR zur Bemessung von Nagelplattenbinderkonstruktionen
Manchmal ist es gut, zu den Frühaufstehern zu gehören. Zum Beispiel, wenn es darum geht, sich in einer Early Adopter Group zu engagieren. So wie es SCHNOOR von März 2017 bis März 2018 gemeinsam mit neun Binderherstellern aus unterschiedlichen Disziplinen getan hat. Die Mitglieder der Gruppe bildeten – vom Industriebau bis zum Schalungsbau – die deutsche Nagelplattenbinderbranche ab. Das gemeinsame Ziel dieser frühen Tester: Die europäische Software PAMIR fit für den deutschen Markt zu machen. Das Testfeld von SCHNOOR: Die Bemessung von Nagelplattenbinderkonstruktionen für Wohn- und Einfamilienhäuser mit PAMIR.
PAMIR ist ein Allround-Programm
Die Software ist tatsächlich ein Allround-Programm, kann statische Bemessungen von Tragwerken erzeugen, aber beispielsweise auch Maschinen wie die Sägen oder die Binderpressanlage ansteuern, die bei SCHNOOR ab 2019 die Fertigung von Dachgebinden automatisieren soll. Dazu kommen weitere Funktionen wie etwa die Erfassung von Daten für die Kalkulation. Für die Marktzulassung braucht die Software dann vor allem auch eins: Sie muss geltende Normen und Vorschriften der Baubranche umsetzen.
Konstruktive Vielfalt in Europa
Diese Normen sind zwar längst europäisch geregelt, werden aber auch durch nationale Regelungen ergänzt. „Diese spezifischen Anforderungen müssen wir für jedes Land individuell in die Software einbinden“, erzählt Ingenieur Jochen Scherer, der in der Statik-Abteilung von MiTek als Schnittstelle zwischen Anwender und Programmierer fungiert. Bei der Entwicklung hatten die MiTek-Programmierer zunächst den englischen und französischen Markt im Blick. Die Adaption für den deutschen Markt war dann noch einmal ein Kraftakt. Denn im Vergleich mit den Nachbarn macht man in Deutschland vieles anders.
In Deutschland setzt man auf Stabilität
„In England und Frankreich baut man viel filigraner und kleiner“, weiß Scherer zu berichten. In Deutschland setzt man stärker auf Stabilität. Mit größeren Binderquerschnitten realisiere man im Holzbau sehr beachtliche Spannweiten. In Frankreich und England sei häufig bei sieben oder acht Metern Schluss. „Hierzulande sind gerade im Industriebau 25 bis 30 Meter keine Seltenheit.“ Und auch im Wohnungsbau können Unternehmen wie SCHNOOR höhere Spannweiten realisieren, wenn es darum geht, unverbauten Wohnraum unterm Dach ohne lästige Stützen zu erschließen. Da greife man in England und Frankreich viel schneller zum Stahlbau.
Große Unterschiede gebe es auch in den konstruktiven Details, denn die Baubranche in Deutschland sei stark handwerklich geprägt. Gängige Verbindungsmittel wie Kehlbalken, Zange und Firstblatt kommen aus dem Zimmererhandwerk. „Die verwendet man nur in Deutschland, die gibt es in anderen Ländern so nicht.“
Geradezu Weltmeister sei man hierzulande beim Thema Dokumentation. Die Software braucht deshalb umfangreichere Ausgabefunktionen für Tabellen und Nachweise.
Auf Herz und Nieren getestet
Es sind diese vielen Besonderheiten, die SCHNOOR-Ingenieur Thomas Rochow immer im Blick hat. Während des Gesprächs blättert er in seiner Liste, in der er Anpassungswünsche an PAMIR erfasst hat. „Da haben wir mehr als vierzig Tickets drin.“ Mehr als vierzig Tickets, das heißt mehr als vierzig Anforderungen bzw. Wünsche an MiTek.
Der SCHNOOR-Ingenieur hat in der Early Adopter Group ein Jahr lang getestet, wie die Software zu den unterschiedlichsten Dachkonstruktionen des Holzbauunternehmens passt und sein Wissen in die Weiterentwicklung des Programms eingebracht. „Wir haben im Wohnungsbau sehr viele Besonderheiten, denen wir gerecht werden müssen“, so Rochow. Auf höchstindividuelle Lösungen bei Einfamilienhäusern ist SCHNOOR spezialisiert. Das konstruktive Repertoire des Holzbauers ist deshalb besonders reich.
In Rochows Ticket-Ordner steht beispielsweise die Aufsatzkerve, eine spezielle Einkerbung, die sogenannten Aufsatzbindern auf schrägen Oberflächen Halt gibt. Sie ist dank SCHNOOR heute als Standardfunktion in der Bemessungssoftware von MiTek hinterlegt.
Bei SCHNOOR gehe es im Konstruktionsprozess aber nicht allein um technische Parameter wie die Statik. Der Dachbauspezialist hat auch immer schon die spätere Montage der Dachkonstruktion im Blick. „Für uns ist es wichtig, dass wir in der Produktion einen hohen Vorfertigungsgrad erreichen, der die Monteure auf der Baustelle entlastet“, erklärt Ingenieur Rochow. Denn so spare der Kunde Zeit und Geld. Andererseits dürfe es für die Produktion nicht zu aufwändig werden. Da brauche man die richtige Mischung.
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit
Anfang 2017 hat sich Rochow, der bei SCHNOOR schon den PAMIR-Vorgänger RoofCon/TrussCon nutzte, vom Hersteller im Umgang mit der Software schulen lassen und sein Know-how an die Kollegen weitergegeben. Im Team haben sie dann monatelang getestet und analysiert. Als aktivster Gestalter innerhalb der Testgruppe beweist SCHNOOR, wie immer, die notwendige Pack-an-Mentalität. Schon fünf Statiker arbeiten mit PAMIR – Tendenz steigend.
Ein Aufwand, der sich auf jeden Fall gelohnt habe, sagt der SCHNOOR-Konstrukteur. „Wir hatten dadurch die Möglichkeit, das Ganze so mitzuformen, wie es für uns wichtig ist.“ Mit MiTek-Ingenieur Scherer ist er sich einig: „Es war ein erfolgreicher Prozess.“